10 erstaunliche Bauwerke mit ihrer eigenen Geschichte
Gebäude sind Zeitzeugen. In Tschechien sind einige von ihnen Jahrtausende und Jahrhunderte alt, andere "nur" Jahrzehnte, aber auch während dieser Zeit haben sie sich entscheidend in die Geschichte des Landes eingeprägt. In den ersten Herbstmonaten gibt es zwei historisch bedeutsame Tage für Tschechien: der Tag der tschechischen Staatlichkeit (28. September), der am Tag der Ermordung des Schutzpatrons der Länder der böhmischen Krone – des hl. Wenzel - gefeiert wird, und der Tag der Entstehung des selbständigen tschechoslowakischen Staates (28. Oktober), der durch den Zerfall Österreich-Ungarns entstanden ist. Daher haben wir eine Liste von zehn interessanten Bauwerken zusammengestellt, die für die Geschichte der Tschechischen Republik etwas bedeuten und die auf jeden Fall sehenswert sind.
Die Übersicht könnten wir mit historischen Bauwerken wie der Prager Burg, der Karlsbrücke oder den Schlössern und Burgen in ganz Tschechien beginnen,  welche an alles Unrecht und alle Momente des Ruhmes erinnern, die das Land durchgemacht hat. Stattdessen wollen wir aber die Bauwerke vorstellen, die Sie vielleicht noch nicht kennen, sie aber eine historische Bedeutung haben und denen eine fesselnde Geschichte nicht abzusprechen ist.

(1) Villa Tugendhat

Ein solches Gebäude ist die Villa Tugendhat in Brünn. Diese Perle der modernen Architektur ist in der Weltkulturerbeliste der UNESCO eingetragen. Sie gilt nämlich als bedeutendstes Vorkriegswerk des Architekten Ludwig Mies van der Rohe, welcher der Vater der modernen Architektur ist. Der bedeutende Industrielle Fritz Tugendhat ließ sie in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts für eine horrende Summe, die damals zur Finanzierung 30 gewöhnlicher Häuser gereicht hätte, als Hochzeitsgeschenk für seine Tochter Greta erbauen. Die Eheleute wohnten dort aber nur acht Jahre. 1938 flohen sie als Juden vor den Nazis, die sich dann selbst in die Villa einquartierten. 1945 löste sie die Rote Armee mit ihren Pferden ab, was der Inneneinrichtung des Gebäudes nicht gerade zuträglich war. Danach befand sich in der Villa Tugendhat mehrere Jahre lang ein Reha-Zentrum, bevor das Bauwerk 1969 zum Kulturdenkmal und 2001 zu einem der Kleinodien des Weltkulturerbes wurde.

(2) Fernsehturm auf dem Berg Ještěd (Jeschken)

Über dem Isergebirge thront eine besondere Konstruktion, die in sich einen Fernsehturm, ein Hotel und eines der ikonischsten Bauwerke Nordböhmens und ganz Tschechiens vereint. Der Turm auf dem Ještěd ist ein Werk des Architekten Karel Hubáček, der es in der originellen Form eines Rotations-Hyperboloids entworfen hat. Für den kreativen Einsatz von Technik und Architektur hat er den Auguste-Perret-Preis bekommen, die bedeutendste Auszeichnung, die je ein Architekt aus Tschechien erhalten hat. Zu dem Fernsehturm gelangt man mit der Seilbahn, oder man kann den Gipfel auch zu Fuß erklimmen, beides hat seinen eigenen Zauber.

(3) Santini und Zelená Hora

Um das Werk des genialen böhmischen Architekten italienischer Herkunft Johann Blasius Santini-Aichl
vorstellen zu können, müssen wir an die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert zurückkehren. Santini wurde in einer Steinmetzfamilie geboren. Aufgrund eines körperlichen Handicaps konnte er das Handwerk seines Vaters nicht übernehmen. Trotzdem erlernte er den Steinmetzberuf und widmete sich zusammen damit auch der Malerei.  Nach dem Abschluss ging er auf Wanderschaft und gelangte bis nach Rom, wo er die Qualifikation eines Architekten erlangte. Nach seiner Rückkehr in die böhmischen Länder entwarf er dann Bauwerke, von denen gleich mehrere erhalten sind. Bekannt ist das Kloster Plasy mit seiner freitragenden Treppe, die Kirche Mariä Himmelfahrt und St. Johannes der Täufer in Kutná Hora (Kuttenberg) sowie das Palais Kolowrat in Prag. Das überhaupt bekannteste und möglicherweise auch das schönste von ihm entworfene Gebäude ist das magische Bauwerk der Wallfahrtskirche St. Johann von Nepomuk auf dem Zelená Hora (Grüneberg) bei Žďár nad Sázavou (Saar). Santini hat in ihr Elemente des Barocks, der Gotik und der Symbolik verbunden. Er hat in den Entwürfen absichtlich mit bestimmten Zahlen gearbeitet wie z. B. der Drei, um mit dieser auf die göttliche Dreifaltigkeit hinzuweisen.

(4) Tanzendes Haus

Am Ufern der Moldau im Zentrum von Prag finden Sie ein Haus, das sich unter anderen durch ein frisches Design und den Glanz abhebt, der sich in seinem gläsernen Mantel widerspiegelt und dadurch, dass es tanzt. Die Gebäudeform erinnert nämlich an ein Tanzpaar, konkret an die berühmtesten Tänzer aller Zeiten: Fred Astaire und Ginger Rogers. Das originelle Konzept wurde auch von der amerikanischen Zeitschrift Time gewürdigt, die das Tanzende Haus als Design des Jahres 1996 bewertete. Sie können es auch bewerten, und dies auch von innen. Neben Büros beherbergt es auch ein Café, ein Restaurant und Ausstellungsräume.

(5) Hospital Kuks

Der ausgedehnte barocke Komplex hat vor einigen Jahren eine größere Renovierung durchgemacht und ist zu einem der schönsten und meistbesuchten Kulturdenkmäler von Ostböhmen geworden. Das Hospital Kuks wurde als Alterssitz für pensionierte Soldaten gegründet, die vom Orden der Barmherzigen Brüder betreut wurden. Bedeutsam ist es zum Beispiel durch die Dreifaltigkeitskirche sowie eine der ältesten Apotheken in Tschechien, aber hauptsächlich dadurch, dass sich an seinem Bau die besten Künstler ihrer Zeit beteiligt haben. So zum Beispiel Giovanni Battista Alliprandi und der Bildhauer Matthias Bernard Braun, welcher der Autor der allegorischen Statuen der Tugenden und der Laster ist, mit denen Sie den ganzen Tag verbringen möchten.

(6) Kubistische Bauwerke

Die Verbindung von Architektur und einem so spezifischen künstlerischen Stil wie dem Kubismus ist eine tschechische Spezialität und des Lobes wert. Die hiesigen Architekten mit Josef Gočár an der Spitze haben sich von der neuzeitlichen Kunst inspirieren lassen und sich bemüht, deren Prinzipien auch in die Wände ihrer Bauwerke einzuprägen. Und das ist ihnen gelungen. Ein Beweis ist zum Beispiel das Haus zur Schwarzen Madonna in Prag, weiter mehrere Villen in Olomouc (Olmütz) oder etwa ein Kurhaus in Bad Bohdaneč.

(7) Fernsehturm in Prag-Žižkov

Nicht jedes Gebäude schreibt sich in die Geschichte nur positiv ein. Dies gilt auch für den Fernsehturm im Prager Stadtteil Žižkov. Laut einer Umfrage unter führenden Fachleuten ist er nämlich das zweithässlichste Bauwerk der Welt. Was Sie auch davon halten, Fakt ist, dass er nicht wegzudenken zu Prag gehört, und die Prager könnten sich die Hauptstadt der Tschechischen Republik kaum ohne ihn vorstellen. Und dies gilt auch für die schwarzen Babys, die seit einigen Jahren an seinen Wänden nach oben krabbeln. Vom Fernsehturm genießen Sie einen herrlichen Blick auf alle Teile Prags und können in der Gaststätte ein ausgezeichnetes Mittagessen oder Kaffee und Kuchen bestellen. Oder Sie können dort sogar in dem einzigartigen Ein-Zimmer-Hotel die Nacht verbringen.

(8) Expo-Pavillon

Es gibt aber auch solche Bauten, die Tschechien in einem viel positiveren Licht repräsentieren. Ein solcher ist zum Beispiel der tschechoslowakische Pavillon von der Brüsseler Weltausstellung im Jahr 1958. Das für seine Zeit kühn und modern aufgefasste Gebäude erhielt in der Ausstellung den höchsten Preis zusammen mit dreizehn weiteren Auszeichnungen. Wegen seines Erfolgs wurde es demontiert, nach Prag transportiert und im Letná-Park wieder aufgebaut. Heute ist es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, aber einen Trip zu ihm können Sie mit einem schönen Spaziergang durch den Letná-Park voller romantischer Winkel und überraschender Ausblicke auf die Prager Altstadt verbinden.

(9) Zlín

Zlín ist eine Stadt im Südosten Tschechiens, die mit einer der wichtigsten Persönlichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung der Tschechoslowakei verbunden ist. Tomáš Baťa, dessen Name bis heute an Schuhgeschäften auf der ganzen Welt leuchtet, hat dort mit dem Aufbau seines Schuh-Imperiums begonnen. Baťas unternehmerischer Erfolg und sein Beitrag zur Entwicklung der Schuhindustrie waren umwerfend, und dies wurde auch in der Stadt sichtbar, aus der er stammte. Zlín hat dank ihm seine Infrastruktur so verändert, dass es weitmöglichst den Ansprüchen einer Industriestadt mit Allem, was dazu gehört, gerecht wird. Wenn Sie aber stählerne Hässlichkeit erwarten, sind Sie im Irrtum. Zlín ist ein Lehrbeispiel für die Verbindung des Schönen mit dem Nützlichen. Und ein Beweis dafür ist auch, dass es sogar den berühmten Architekten Le Corbusier buchstäblich ergriffen hat.

(10) Terezín (Theresienstadt)

An die Kriegszeit und einen tragischen Abschnitt der Geschichte erinnert bis heute die Festungsstadt Terezin (Theresienstadt), welche während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis in ein jüdisches Ghetto und Gestapo-Gefängnis umgewandelt wurde. Heute ist die Stadt eine nationale Gedenkstätte, die mehrere Orte der Besinnung und einige Expositionen umfasst. Den Weg hierher unternehmen diejenigen, die auch den traurigsten Abschnitt der Geschichte der böhmischen Länder kennen lernen wollen.

Interessant ist aber auch die ältere Geschichte von Theresienstadt. Es wurde von Kaiser Joseph II. am Ende des 18. des Jahrhunderts als Festungsstadt gegründet. Er benannte sie nach seiner Mutter, der Herrscherin Maria Theresia. Gegenwärtig befindet sich dort auch ein Museum über Franz Joseph I., welches das Leben des Kaisers am österreichisch-ungarischen Hof nahebringt.