Bier ist einer der nationalen Schätze Tschechiens, die Brautradition reicht hier bis in das Mittelalter zurück. Die besten Freunde auf „ein“ Bier einzuladen, gehört zu den nationalen tschechischen Bräuchen. Diese Erfahrung machten auch die Rolling Stones, der amerikanische Präsident Bill Clinton und weitere Persönlichkeiten, die von der Atmosphäre eines echten tschechischen Gasthauses fasziniert waren. Diese sollten auch Sie genießen!
Václav Havel: Die Steine rollen in das Gasthaus
Der tschechische Präsident Václav Havel liebte die Kneipenatmosphäre. Neben den bekannten Prager Gasthäusern U Pinkasů und U Zlatého Tygra (Zum Goldenen Tiger) ging er gewöhnlich auf ein Pilsner Urquell in das Restaurant Na Rybárně (heute Origami Restaurant) in der Straße Gorazdova unweit des Tanzenden Hauses. Nach der Samtenen Revolution (1989) weilte er hier unter anderem mit Paul Simon und mit den Rolling Stones. Nicht weniger legendär ist das unweit gelegene Restaurant Vltava (das einstige Gasthaus Paroplavba/Dampfschifffahrt), wo Havel gemeinsam mit weiteren Dissidenten den Aufruf Einige Sätze (Několik vět) finalisierte, welcher zum Fall des Kommunismus in der Tschechoslowakei beitrug.
U Pinkasů, Prag
Interessant ist, dass Havel als Arbeiter in der Brauerei Krakonoš Trutnov im Riesengebirge gearbeitet hatte. Nach Aussage der Zeitzeugen lehrte man damals den späteren ersten Präsidenten der Tschechischen Republik gerade hier, Bier zu trinken. Und gerade hier soll auch sein berühmtes Schauspiel Audienz entstanden sein. Jene Orte, an denen Havel an seinem Werk arbeitete, können Sie bei einem Besuch der Brauerei sehen.
Bill Clinton: Auf ein Bier mit Havel, anschließend eine Jam-Session im Jazz Club Reduta
Bill Clinton war erst der zweite US-Präsident, der Tschechien (die Tschechische Republik) besuchte. Und es war sein zweiter Besuch Prags, das erste Mal sah er die Stadt als Student bei einem Besuch in Zeiten des tiefen Kommunismus. Das Flugzeug mit dem Rufzeichen Air Force One landete auf dem Flughafen Prag-Ruzyně im Jahre 1994. Nach den Verhandlungen auf der Prager Burg begab er sich in Begleitung von Václav Havel und Madeleine Albright – einer tschechoslowakischen Landsmännin, die Clinton als erste Frau in die Funktion der US-Botschafterin am Sitz der UNO berufen hatte – in die Straßen von Prag.
Reduta, Prag
Im Gasthaus U Zlatého Tygra (Zum Goldenen Tiger) sprach er in der Bierrunde mit Persönlichkeiten der tschechischen Kultur, nach dem Abendessen wurde in der Národní třída (Nationalstraße) der Samtenen Revolution gedacht, und anschließend brachen alle zu einer Jam-Session in den ältesten Jazzclub in Tschechien – Reduta – auf. Auf dem Saxophon, welches der US-Präsident von Havel erhielt, soll er die Jazzkompositionen Summer Time und My Funny Valentine gespielt haben. Als Unterkunft für seinen Aufenthalt wählte er das Hotel Hilton im Prager Viertel Karlín.
Bohumil Hrabal: Inspiration durch eine Brauerei
Bohumil Hrabal (1914-1997), einer der bekanntesten tschechischen Schriftsteller, hatte es zur Bierkultur nicht weit. Seine Kindheit verbrachte er in der Brauerei Nymburk in der Nähe von Prag, wo er Inspiration für sein Buch Das Städtchen, in dem die Zeit stehenblieb (Městečko, kde se zastavil čas) schöpfte. Die Brauerei bietet auf Bestellung kommentierte Besichtigungen an. Die Verfilmung der Geschichte Kurzgeschnitten (Postřižiny) des Oscar-Regisseurs Jiří Menzel wurde jedoch an einem anderen Ort gedreht, in der Brauerei Dalešice unweit von Brno (Brünn).
U Zlatého Tygra, Prag
In Prag hatte Hrabal mehrere Lieblingslokale. U Zlatého Tygra (Zum Goldenen Tiger) im Herzen der Prager Altstadt hatte er sogar vor dem Eingang zur Küche einen Tisch, an welchem er mit weiteren Stammgästen saß. Von seinem Wohnsitz im Haus U Kamenného zvonu (Zur Steiernen Glocke) beim Altstädter Ring, welches zu den wertvollsten Bürgerhäusern in Prag gehört und wo heute die Prager Galerie ihren Sitz hat, hatte er es bis ins Gasthaus U Pinkasů nicht weit. Gern ließ er sich hier nicht nur das hervorragende Pilsener Bier, sondern auch den Schweinebraten mit Kartoffelknödel schmecken.
Leoš Janáček: Auf ein Bier in die Mühle
Der tschechische Komponist gehört bis heute weltweit zu den am meisten gespielten Autoren klassischer Musik. Janáčeks Opern feiern Erfolge von New York bis Tokio. Am häufigsten wird er jedoch mit der Stadt Brno (Brünn) in Südmähren in Verbindung gebracht, wo der Komponist wirkte. Er liebte die Geselligkeit, besuchte gern Cafés und Gasthäuser, wo sich die künstlerische und politische Elite aufhielt. Die nach dem einstigen Inhaber Jaroslav Stopka benannte Pilsener Bierstube Stopkova plzeňská pivnice unweit des Platzes der Freiheit (Náměstí svobody), wo er häufig weilte, funktioniert bis heute.
Stopkova plzeňská pivnice, Pilsen
Zu den Lieblingsorten Janáčeks gehörte auch die Kurstadt Luhačovice (Luhatschowitz) oder die Umgebung der heimatlichen Gemeinde Hukvaldy (Hochwald), wo er Spaziergänge unternahm und unter anderem gern auf ein Bier in die Šmířák-Mühle in Kozlovice einkehrte. Und auch das malerische Städtchen Štramberk, von welchem er sagte, sie sei der schönste Ort Tschechiens. Die romantische ländliche Gegend im Vorland der Beskiden soll ihn beim Schreiben der Oper Jenůfa (tschech. Originalfassung: Ihre Ziehtochter/Její pastorkyňa) inspiriert haben.
Štramberk
Antonín Dvořák: Auf ein Bier und eine Kartoffelsuppe
Der berühmte tschechische Komponist Antonín Dvořák, Autor der 9. Sinfonie Aus der Neuen Welt, ging gern auf „ein Bier“ und eine Kartoffelsuppe in die Prager Gasthäuser. Er liebte die böhmische Küche und auch das Bier, wobei er unter anderem gern in die Brauerei U Pravdů gegenüber seiner Wohnung in der Prager Straße Žitná einkehrte. Kaum jemand weiß, dass dieser tschechische, musikalische Genius bei seinem Besuch in den USA mit der Aufgabe betraut wurde, die Hymne zu komponieren. Dies gelang zwar nicht, dennoch trug sein Wirken in den USA zur Entwicklung der klassischen Musik auf dem amerikanischen Kontinent bei. Mehr über das Leben von Dvořák erfahren Sie im Antonín-Dvořák-Museum im Prager Sommerpalais Michna (Villa Amerika).
U Pravdů, Prag
Jaroslav Hašek: Der König der tschechischen Bohèmiens und Autor des Romans Der brave Soldat Schwejk liebte das tschechische Bier
Die Persona grata wohl aller tschechischen Gasthäuser und Kneipen und König der tschechischen Bohèmiens, Jaroslav Hašek, wurde mit seinem Buch Der brave Soldat Schwejk berühmt. Der Schriftsteller führte ein sehr wildes und abenteuerliches Leben. Er vermochte angeblich 30 Bier pro Tag zu trinken, Gulasch war eines seiner Leibgerichte. Im Prager Restaurant Kravín am Platz des Friedens (Náměstí míru) gründete er seine Partei des mäßigen Fortschritts in den Grenzen des Gesetzes. Seine berühmte Romanfigur Schwejk wird mit den Restaurants U Fleků, U Kalicha (Zum Kelch) und U Vejvodů, in Verbindung gebracht, wo in den herrlichen historischen Räumlichkeiten das beste tschechische Bier gezapft wird. Das Ende seines Lebens verbrachte Hašek in einem kleinen Zimmer über dem Restaurant U České koruny (Zur Böhmischen Krone) unterhalb der Burg Lipnice (Lipnitz) im Hochland Vysočina. Sein Lieblingstisch befand sich angeblich gleich am Eingang zur linken Seite.
U Fleků, Prag
Wolfgang Amadeus Mozart: Nächtliche Streifzüge im Herzen Prags
Der Liebling der Prager besuchte das Restaurant U Tří zlatých lvů (Zu den Drei Golden Löwen) unweit des Altstädter Rings, direkt in jenem Haus, in welchem sich Mozart bei seinem Besuch Prags einquartierte. Während seiner berüchtigten nächtlichen Streifzüge soll er häufig auch in den Lokalen in der Straße Celetná geweilt haben. Irgendwo hier, unmittelbar im Herzen Prags begegnete er angeblich einem Harfenspieler, für den er sofort und vor Ort eine kleine Komposition schrieb. Einer der weiteren Orte mit Mozarts Spur ist die mittelalterliche Schänke U krále Brabantského (Zum König von Brabant) auf der Kleinseite (Malá Strana), die zu den ältesten Restaurants in Prag gehört und bis heute in Betrieb ist.
U Krále Branbatského, Prague
