Eine Liebe und ein Attentat, die Geschichte machten
Franz Ferdinand von Österreich-Este, der letzte Privatbesitzer des Schlosses Konopiště in Mittelböhmen, hat sich unauslöschlich in die europäische Geschichte eingeschrieben. Er kam gemeinsam mit seiner Gattin Sophie Gräfin Chotek am 28. Juni 1914 in Sarajewo ums Leben. Das tragische Ereignis war eine der Ursachen für den Ersten Weltkrieg, der in diesem Jahr vor 100 Jahren begann.

Franz Ferdinand d’Este (1863–1914) gehörte seinerzeit zum höchsten europäischen Adel, er war einer der reichsten Männer Europas, er bereiste die Welt und gab sich seiner größten Leidenschaft hin, der Jagd. Zum Umbruch kam es 1896, als sein Vater starb. Von dem Moment an war das Leben Franz Ferdinands wie unterm Mikroskop: er wurde zum österreich-ungarischen und böhmischen Thronfolger.

Stecken Sie ihre Nase nicht in fremde Medaillons!

Ein Thronfolger kann gewöhnlich nicht machen, was er will, Franz Ferdinand jedoch zeigte dem Kaiser nicht nur einmal, dass er seinen eigenen Kopf hat und ließ die Befehle aus dem Kaiserpalast Befehle sein. Ein vollendetes Beispiel für seinen Eigensinn, den der Kaiser bis zu seinem Tode zähneknirschend hinnehmen musste, war die Wahl seiner Gattin.

Sophie Gräfin Chotek gehörte zwar zur tschechischen Aristokratie und ihr Stammbaum reichte bis ins 13. Jahrhundert zurück, aber vom Thronfolger wurde erwartet, dass er eine Königs- oder Fürstentochter heiratet, entschieden nicht eine Gräfin. Kein Wunder, dass die beiden ihre Beziehung ängstlich geheim hielten. Der Skandal brach 1898 aus, als Sophie Hofdame der Erzherzogin Isabella war. Diese konnte sich die häufigen Besuche des Thronfolgers einzig so erklären: Franz Ferdinand interessiert sich für eine ihrer Töchter. Eines Tages fand sie des Thronfolgers Medaillon, sie widerstand ihrer Neugier nicht - und fand darin das Porträt der gewöhnlichen Hofdame Sophie. Da war die Hölle los am kaiserlichen Hof: die Erzherzogin entließ Sophie augenblicklich und der Kaiser drohte, er werde, wenn die beiden das zufällig ernst meinten, ihre Kinder vom Anspruch auf den Thron ausschließen. Franz Ferdinand war damit einverstanden. Der überraschte Kaiser gab ihm ein Jahr Bedenkzeit, aber es änderte sich nichts. Die Hochzeit fand im Jahre 1900 in Nordböhmen auf dem Schloss in Zákupy statt. Die einzigen aus der Kaiserfamilie, die an den Feierlichkeiten teilnahmen, waren Ferdinands Stiefmutter und deren Töchter.

Von Konopiště nach Sarajewo

Nach Jahren der Intrigen und Schwierigkeiten lebten Ferdinand und Sophie mit ihren drei Kindern schließlich zufrieden an mehreren Sitzen, vor allem auf Schloss Konopiště, das sich nach dem Umbau in eines der elegantesten und modernsten Schlösser der damaligen Monarchie verwandelte. Der Erzherzog stattete den Sitz mit kostbaren alten Möbeln aus, mit einer Kollektion italienischer Bilder, mit Jagdtrophäen und einem Waffenarsenal, das in Europa nicht Seinesgleichen hat. Er ließ einen Park und Ziergärten in der Umgebung errichten. 

Obwohl der Kaiser später ein bisschen auftaute und Sophie Gräfin Chotek zur Herzogin machte, genügte das zu ihrer Gleichberechtigung noch nicht.  Der kaiserliche Hof ignorierte sie ostentativ, sie durfte in der Öffentlichkeit nie neben ihrem Gatten sitzen und begleitet ihn auch nicht auf seinen Auslandsreisen. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass die erste offizielle Reise, auf die sie gemeinsam gehen durften, eben jene verhängnisvolle Reise nach Sarajewo im Jahre 1914 war, die am 28. Juni mit dem Attentat endete. 

Aber selbst bei der Beerdigung in Wien waren sie einander nicht gleichgestellt: auf Sophies Sarg wurden nicht die Insignien einer Herzogin gelegt, sondern nur ein Fächer und Handschuhe, also die Abzeichen einer Hofdame, und ihr Sarg stand niedriger als der ihres Mannes. Beerdigt sind sie im Familiengrab auf dem österreichischen Schloss Artstetten.

Historische Kriegsmanöver

Während des gesamten Jahres finden auf Schloss  Konopiště und im nahegelegenen Benešov Gedenkveranstaltungen für dieses bemerkenswerte Ehepaar statt. Einer der Höhepunkte wird das internationale Treffen der Kriegsgeschichte-Klubs „Meinen Völkern 1914 – Benešov 2014“ sein, das vom 30. Mai bis zum 1. Juni in Benešov und Umgebung stattfinden wird. Man erwartet die Ankunft von etwa 250 Soldaten aus 40 Kriegsgeschichte-Klubs aus Tschechien, der Slowakei, Polen, Slowenien und Deutschland.