Traditionen, Bräuche und Handwerkskunst sind in jedem Land vertreten und jedes Land ist stolz auf das Wissen und Können, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Und deshalb stehen nicht nur materielle Güter unter Denkmalschutz, sondern auch diejenigen Schätze der Geschichte, die aus volkstümlichen Traditionen entstanden sind. Die Volksfeste, das handwerkliche Können und volkstümliche Kunst wecken in uns das Verständnis für fremde Kulturen und schaffen die Möglichkeit, Neues zu lernen. Wissen Sie, welche Traditionen in der Tschechischen Republik den höchsten Stellenwert haben?
Verbuňk – origineller Folkloretanz
Der Verbuňk-Tanz aus der Slovácko-Region ist ein improvisierter Männer-Folkloretanz, der nicht an eine genaue Choreographie gebunden ist, sondern dessen Ausdrucksform ganz dem Tänzer überlassen wird. Verbreitet ist dieser Tanz im südöstlichen Teil Mähren, genauer in der ethnographischen Region Slovácko (dt. Mährische Slowakei), und ist so besonders, dass er seit dem Jahr 2005 in der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen ist. Der Verbuňk ist fester Bestandteil der traditionellen Erntedankfeste, Kirmes und Tanzabende und Sie können diesen Tanz auch im Rahmen des Internationalen Folklorefestivals Strážnice (23.-26.6.) beim Finale des jährlichen Wettbewerbs um den besten Tänzer dieser Tanzart aus der Slovácko-Region bewundern.
Königsritt Vlčnov – ein farbenprächtiger Festumzug
Könige? In der Tschechischen Republik? Warum nicht! Dieses wunderschöne, farbenfrohe Volksfest wird von Jahrmärkten, Konzerten mit Zymbal- und Blasmusik und Tanzvorführungen abgerundet. Einst wurde dieses Fest im Sommer, rund um die Sommersonnenwende, fast in jedem Dorf in der Region Slovácko gefeiert, wohingegen es heute nur noch an wenigen Orten stattfindet. Seit 2011 ist diese für das südöstliche Mähren charakteristische Tradition in der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen. Der berühmteste Königsritt findet am letzten Maisonntag in der Gemeind Vlčnov statt. Neben Menschen in traditionellen Trachten können Sie sich auf musikalische Unterhaltung und regionale Spezialitäten freuen.
Puppen nicht nur für Kinder
Tänze und Folklorefeste kann man leider nicht mit nach Hause nehmen, doch eine Tradition passt zum Glück in jeden Koffer hinein. Die Marionetten-Kunst ist seit 2016 in der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen und die kunstvollen Marionetten können Sie auch gerne als Andenken mitnehmen. Die Tradition des Puppenspiels reicht in der Tschechischen Republik ins 19. Jahrhundert zurück, als seinerzeit fast jede Familie ein kleines Puppentheater besaß. Heute können Sie diese Kunstform in speziellen Theaterhäusern in Prag sowie Ostrava und in den Puppentheater-Museen bewundern, wie im Museum der Puppentheater-Kulturen Chrudim, Marionetten-Museum Pilsen und Marionetten-Museum Český Krumlov.
Faszination Blaudruck
Im Jahr 2018 wurde auch der Blaudruck, eine in Europa ab dem 18. Jahrhundert verbreitete Textilfärbetechnik, in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen. Wenn Sie hautnah dabei sein möchten, dann empfehlen wir Ihnen zwei familiär geführte Blaudruck-Werkstätten: Modrotisk Danzinger in Olešnice und Arimo in Strážnice. Beide mährische Unternehmen bieten geführte Besichtigungen durch den Betrieb und die Produktion an. Den Besuch muss man jedoch telefonisch im Voraus reservieren. In ganz Europa gibt es insgesamt nur sechs Handwerksbetriebe dieser Art. Blaudruck wurde beispielsweise von den tschechischen Sportlerinnen und Sportlern bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2020 resp. 2021 getragen. Mit dem traditionellen Verfahren wurde die Sportbekleidung der Olympia-Teilnehmer verziert, womit man auch die asiatische Kultur würdigen wollte, da Blaudruck ursprünglich aus Asien nach Europa kam.
Faschingsumzüge in der Region Hlinecko
Auf rein tschechische Wurzeln blicken auch die Faschingsumzüge in mehreren südböhmischen Dörfern rund um Hlinsko zurück. Traditionsgemäß findet der Maskenumzug durch das Dorf am letzten Wochenende vor dem Aschermittwoch statt. Viel mehr zu diesem volkstümlichen Brauch erfahren Sie im Freilichtmuseum Betlém in Hlinsko mit der Dauerausstellung zu Faschingsmasken und Umzügen. Seit dem Jahr 2010 stehen die Faschingsumzüge unter dem Schutz der UNESCO.
Mundgeblasener Glasperlenschmuck
Vielleicht können Sie sich noch an den zerbrechlichen, aus vielen kleinen glitzernden Glasperlen bestehenden Weihnachtsschmuck aus Ihrer Kindheit erinnern. Dieser wird in Poniklá am Fuße des Riesengebirges von der Firma Rautis, dem weltweit einzigen Unternehmen dieser Art, hergestellt. Auch Sie sind herzlich eingeladen, hierher zu kommen und eine fast vergessene Handwerkskunst zu bewundern. Außerdem können Sie Ihrer Phantasie freien Lauf lassen und Ihr Geschick in der Kreativwerkstatt ausprobieren oder im Showroom in Poniklá ein paar schöne Andenken kaufen. Die im Riesengebirge traditionell ansässige Herstellung von Weihnachtsschmuck aus Glasperlen ist seit dem Jahr 2020 in der UNESCO-Welterbeliste eingetragen.
