Das Rudolfinische Prag: Hauptstadt der Kunst und Wissenschaft
Kennen Sie den Begriff
Rudolfinisches Prag? Der römische Kaiser Rudolf II. von Habsburg wählte am Beginn seiner Herrschaft
Prag zu seiner neuen kaiserlichen Residenz aus, weshalb er nach
Prag und auf die
Prager Burg nicht nur seinen zahlenmäßig großen Hofstaat , sondern auch weitere Tausende Menschen unterschiedlicher Professionen mitbrachte. Von Malern, Architekten und Wissenschaftlern bis zu Barbieren und Gauklern.
Rudolf II. war nicht nur ein Regent, sondern auch ein bedeutender
Mäzene der Künste und Wissenschaften. Er interessiert sich für alles, was neue Erkenntnisse umfasste, darunter auch für Okkultismus. Und deshalb bürgerte sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Begriff Rudolfinisches Prag ein, denn damals war es die Stadt der Kunst, Wissenschaft und Erkenntnis.
Kepplers steile Karriere
Rudolf II. verwandelte die
Prager Burg schrittweise in einen repräsentativen Sitz und
lud Wissenschaftler sowie Künstler aus ganz Europa ein. Darunter auch Tycho Brahe, den dänischen Astronomen, der die Stelle des Hofastrologen des Kaisers annahm. Zusammen mit ihm kam auch sein Assistent Johannes Kepler, der nach seinem Studienabschluss an der Universität Tübingen und einer kurzen Laufbahn als Mittelschulprofessor im österreichischen Graz ebenfalls nach Prag zog. Mit nur knapp 30 Jahren wurde er zum
kaiserlichen Hofmathematiker ernannt und konnte so sein Leben der Wissenschaft verschreiben, ohne sich existenzielle Sorgen machen zu müssen.
Auf Johannes Keplers Spuren
Von den materiellen Spuren sind bis heute nur wenige erhalten geblieben. Kepler verbrachte zwölf relativ zufriedene Jahre in Prag, die meisten davon im
Haus Bei der Französischen Krone in der Karlova Straße, wo an ihn heute eine Gedenktafel erinnert. Auf der Anhöhe Pohořelec, in der Nähe der
Prager Burg, stehen
die Statuen von Brahe und Kepler, und zwar genau an dem Ort, wo die beiden Wissenschaftler ihre eigene kleine Sternwarte hatten und forschten. Für seine Beobachtungen und Arbeit nutzte Kepler auch das
Lustschloss der Königin Anna im heutigen Königsgarten und das
Schloss in Benátky nad Jizerou in
Mittelböhmen. Das war seine Rückzugsorte, wenn er in Ruhe arbeiten und seine Berechnungen machen wollte. Eine traurige Spur hinterließ die Familie von Johannes Kepler in der
Kirche des Hl. Ägidius in der
Altstadt, da hier bis heute seine Frau und sein Sohn bestattet liegen, die einer Pockenepidemie zum Opfer gefallen sind.
... doch seine Arbeit spricht für sich
Viel mehr Spuren hinterließ er uns in Form seiner Arbeit. Auch wenn Johannes Kepler als Astronom bekannt ist, ist das nicht die ganze Wahrheit über ihn. Da er seit seiner Kindheit schlecht sah, konnte er sich bei seinen Beobachtungen nicht auf Fernrohre verlassen. Die Umlaufbahnen der Himmelskörper, die Konjunktionen und weitere Phänomene waren deshalb die Ergebnisse seiner mathematischen Berechnungen. Sein Lebenswerk trägt den Titel
Rudolfinische Tafeln. Er wertet die Aufzeichnungen seiner Vorgänger auf und beschreibt die Position der Planeten im Sonnensystem mit mathematischer Genauigkeit. Die mit bis dahin unerreichter Genauigkeit verfassten Tafeln, wurden in den nachfolgenden Jahrhunderten zum wichtigen Werkzeug für Astronomen, Astrologen, Seeleute, Landvermesser und Mechaniker, die Sonnenuhren herstellten. Weiter beschrieb er beispielsweise
die Entstehung einer Schneeflocke und
löste mathematisch das Rätsel rund um den Betlehem-Stern. Johannes Kepler war ein Mathematiker durch und durch. Dank seiner Forschungstätigkeit wird er heute der „Mann, der dem Universum seine Ordnung verlieh“ genannt. Und dieser Mann verbrachte einen bedeutenden Teil seines Berufslebens im Rudolfinischen Prag.