Porzellan. Ein Begriff, der bis heute nichts an seiner Faszination verloren hat. Seit dem Mittelalter, als das erste Porzellan seinen Weg von China nach Europa fand, wollte jeder ein Tafelservice oder eine dekorative Figur aus dieser Feinkeramik besitzen. Man brauchte lange, um dem zunächst geheimen Herstellungsverfahren auf die Schliche zu kommen. Das gelang erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als das erste europäische Porzellan das Licht der Welt erblickte. Auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik blickt Porzellan auf eine knapp zweihundert Jahre alte Tradition zurück. Während einige der Manufakturen geschlossen wurden, produzieren andere bis heute. An dieser Stelle möchten wir Ihnen den tschechischen Weg der Porzellanherstellung vorstellen.
Thun – die erste Porzellanfabrik
Unweit von Karlsbad in Westböhmen liegt die Stadt Klášterec nad Ohří, wo im Jahr 1794 die erste Porzellanmanufaktur gegründet wurde. Benannt wurde sie nach einem der damaligen Eigentümer, Graf Franz von Thun. Heute verbindet die Marke Thun 1794 drei Porzellanhersteller und ist in der Nähe von Karlsbad, genauer in Nová Role, angesiedelt. Neben Haushaltsporzellan wird auch Hotelporzellan gefertigt, das bei 1405 Grad Celsius gebrannt wird, um beständiger zu sein. Wenn Sie mehr über die Herstellung von tschechischem Porzellan wissen möchten, dann empfehlen wir Ihnen das Besucherzentrum der Thun 1794 Manufaktur in Nová Role, wo Sie bei einer Führung das traditionelle Herstellungsverfahren direkt im Werk kennenlernen und den Mitarbeitern bei ihrer Arbeit zusehen können. Sie werden durch das Bürogebäude und die Muster-Werkstatt bis in die Fertigungshalle geführt. Im Verkaufsshop, einem der größten Showrooms für zeitgenössische Porzellanherstellung in Mitteleuropa, können Sie ein Andenken kaufen. Zweimal im Jahr (im Mai und September) findet direkt vor dem Grandhotel Pupp in Karlsbad das traditionelle Porzellan-Fest statt, im Rahmen dessen die neuesten Produkte der Manufaktur vorgestellt werden.Aus der Geschichte der Porzellanherstellung
Und was ist der beste Tipp, wenn Sie mehr über die knapp 200-jährige Geschichte der Porzellanherstellung in Westböhmen erfahren möchten? Wie wäre es beispielsweise mit Schloss Klášterec nad Ohří! Zu den Besucher-Highlights im dortigen Schloss gehört das Porzellanmuseum mit seiner Sammlung tschechischen Porzellans, die ganze 21 Säle im ersten Obergeschoss einnimmt. In historischen Vitrinen und Interieurs ist fast die vollständige Sammlung aller Produkte tschechischer Manufakturen und Porzellanfabriken ausgestellt. Sowohl der längst geschlossenen, als auch der bestehenden. Im Rahmen eines Rundgangs gilt es beispielsweise chinesisches, japanisches und europäisches Porzellan sowie der Ausstellung zum Thema der Anfänge der Porzellanherstellung außerhalb Asiens ab dem 17. bis ins 19. Jahrhundert zu entdecken.Zwiebelmuster - nicht nur in Tschechien ein bewährter Klassiker
Porzellan mit Blaudekor wird Zwiebelmuster genannt (tsch. cibulák, cibule bedeutet Zwiebel). Auf den Esstischen unserer Vorfahren tauchte das Muster erst vor 280 Jahren auf, doch im Rahmen der Tschechischen Republik wird es seit 1885 in der Porzellanfabrik Dubí bei Teplice in Westböhmen hergestellt. Woher kommt das Zwiebelmuster in seiner charakteristischen blau-weißen Ausführung eigentlich? Das sog. Zwiebelmuster, ein händisch gemaltes, kobaltblaues Unterglasurdekor, übernahmen europäische Künstler vom Porzellan aus China. Trotz der „Zwiebel“ im Namen, werden Sie nach dieser Knolle auf dem Dekor vergeblich suchen, denn eigentlich handelt es sich um Granatäpfel. Diese werden mit japanischen Pfirsichen, Blüten und Knospen von Chrysantheme oder Pfingstrosen, die sich um eine Bambusstaude ranken, dargestellt. Auch wenn die exotischen Blumen in europäischen Porzellanfabriken dem lokalen Geschmack angepasst wurden, lassen sich auf dem Porzellan immer noch die ostasiatischen Wurzeln erkennen.Haus des Porzellans mit blauem Blut in Dubí
Neben der eigentlichen Porzellanfabrik finden Sie in Dubí auch das Haus des Porzellans mit blauem Blut. Dahinter verbirgt sich ein Porzellan-Museum mit Vortragssälen und weiteren Ausstellungsräumen. Das Besucherzentrum dient vornehmlich zur Präsentation der Ausstellung über die Geschichte der Porzellanherstellung mit dem charakteristischen Blaudekor im Gebiet am Fuße des Erzgebirges. Für Gruppen ab 6 Personen können Sie eine Fachexkursion in das Werk der Aktiengesellschaft Český porcelán, a.s., wo Sie alle über die Herstellung von Zwiebelmuster-Porzellan erfahren. Das Unternehmen veranstaltet in Dubí auch Porzellan-Verkaufsmärkte und weitere Events, wobei Sie auch einen der nicht allzu langen Porzellan-Lehrpfade erkunden können, die Sie zu weiteren Sehenswürdigkeiten in der Umgebung führen.Durch die Eröffnung des Museums „Haus des Porzellans mit blauem Blut in Dubí“ entstand auch eine weitere Station auf dem Porzellan-Lehrpfad, der miteinander Orte mit der Tradition der Porzellan-Herstellung verbindet. Dieser schließt an die 550 km lange Porzellanstraße an, die miteinander Manufakturen, Museen und große Produktionswerke in Deutschland verbindet.